Tag 35
Heute ging es los nach Santa Fe. Im Morgengrauen lief ich ca. 25 Minuten von der Ghost Ranch bis zum Highway, wo die nächste Bushaltestelle war.
Zum Glück passierte heute etwas sehr Seltenes: Ich war bereits 10 Minuten vor der geplanten Abfahrtszeit bei der Bushaltestelle. Der Bus fuhr nämlich 5 Minuten zu früh ab. Der Chauffeur schien sich über mich als einzige Passagierin zu freuen. Ist wohl auch etwas unbefriedigend, mit einem leeren Bus durch die Gegend zu fahren…
Wir sind dann 45 Minuten zu früh in Española angekommen. Mein Anschlussbus um 8 Uhr war zwar pünktlich bei der Bushaltestelle aber etwas zu spät abgefahren. Denn als der Buschauffeur meinen grossen Rucksack sah, fragte er mich, was ich denn vorhabe. Als ich ihm erzählte, dass ich auf dem CDT unterwegs sei, ging es los. Er quetschte mich etwa eine viertel Stunde lang über mein Wanderleben aus. Hinter mir wurde die Schlange immer grösser, was mir unangenehm war, aber sonst niemanden stören zu schien.
Ich fühlte mich sofort wohl in Santa Fe. Obwohl dies die Hauptstadt von New Mexico ist, geht es hier gemächlich zu und her. Fast alle Häuser sind im schönen Adobe-Stil gebaut, höhere als zweistöckige Gebäude sieht man selten. Hier leben viele Freigeister und Lebenskünstler und ich lief immer wieder sehr aussergewöhnlichen Kreaturen über den Weg.







Tag 36
Fast den ganzen Tag habe ich heute damit verbracht, ein Paar neue Wanderhosen zu finden. Meine Alten sind mir mittlerweile zu gross und ich brauche wohl etwas wärmere fürs Hochgebirge. Lang sollten sie sein und keine Leggins. Gar nicht so einfach. Ein Verkäufer wollte mir Regenhosen andrehen, ein anderer Skihosen. Schlussendlich wurde ich ausgerechnet in einem Veloshop fündig.
Am Abend gönnte ich mir zu Livemusik ein gutes Nachtessen und ein paar Bier.



Tag 37
Am Horizont sieht man riesen Wolken. Einer der grössten Waldbrände seit Jahren wütet im Norden New Mexicos. Dies wird wohl auch meine Wanderpläne ein bisschen durcheinander bringen. Aber nun geniesse ich erstmal die Zeit hier, denn ändern kann ich an der Situation eh nichts.
Ich befinde mich hier in einer Kunsthochburg. Also war es Zeit, mich etwas an das mir bis jetzt nicht sehr geläufige Thema heranzutasten. So besuchte ich Meow Wolf. Das ist ein riesen Gelände mit unzähligen Räumen, in denen Kunstinstallationen ausgestellt werden. Selbst ohne sinneserweiternde Substanzen fühlt man sich an diesem Ort wie auf einem riesen Trip!
Beim Nachtessen musste ich zweimal hinhören: Wird da wirklich Schweizer Deutsch gesprochen? Tatsächlich bin ich zum ersten Mal seit Wochen auf Schweizer getroffen. Die Aargauer Pascal und Adriano machen einen Roadtrip durch die USA. Wir gingen noch auf einen Absacker in eine Bar. Es war schön, wieder einmal zu quatschen, wie mir der Schnabel gewachsen ist.







Tag 38
Der heutige Tag startete wie jeder Tag starten sollte: Mit einem ausgiebigen Zmorgen, begleitet von Livemusik.
Später traf ich Pascal und Adriano nochmals. Wir wollten die Bonzana Creek Ranch besuchen, welche als Filmset für viele Western dient. Leider war sie geschlossen. Also machten wir uns zurück in die Stadt und machten die Canyon Road unsicher. Hier reihen sich Kunstgalerien aneinander. Auch wenn ich nicht viel mit Kunst am Hut habe, war es ein grosses Vergnügen, all die schönen Bilder und Häuser zu besichtigen.
Den Abend liess ich im Hostel zu Karaoke und der schlechtesten Livemusik, die ich je gehört habe, ausklingen.







Tag 39
Heute stand die Weiterreise nach Taos an. Ich habe lange gezögert wegen der Waldbrände. Nach einem Telefonat mit einer netten Rezeptionistin eines Hotels, die mir versicherte, dass Taos sicher sei, habe ich mich dann entschieden, doch hinzugehen.
Da man jederzeit eine Sperrung aller National Forrests in New Mexico erwartet, muss ich wohl oder übel die 45 Meilen von Ghost Ranch nach Chama auslassen. Ich werde also morgen direkt nach Chama fahren, um mich am Tag darauf wieder auf den Trail Richtung Colorado zu begeben. Dort lodert 150 km nach der Grenze leider schon das nächste Feuer. Es bleibt zu hoffen, das es unter Kontrolle ist, bis ich dort bin.
Die Busfahrt war angenehm und nach etwa zwei Stunden kam ich in der Kleinstadt an.
Als ich den Bus verliess, spürte ich gleich den Rauch in der Luft. Es kratzte im Hals und die Augen brannten. Mit der Zeit wurde es besser. Ich weiss nicht, ob ich mich daran gewöhnt habe oder ob der Wind den Rauch weiter verschleppt hat.
In Taos scheint alles noch etwas gemütlicher zu sein als in Santa Fe. Nebst Lebenskünstler leben hier auch Farmer, ein interessanter Mix. Wie in Santa Fe, hat es auch hier fast ausschliesslich Adobe-Häuser. Eine wunderschöne Kleinstadt.
Den Abend verbrachte ich in der Dorfkneipe. Für einen Montagabend war es pump voll hier. Das hatte einen speziellen Grund: Viele Leute aus den Nachbarsdörfer wurden wegen den Waldbränden evakuviert und sitzen nun hier die Zeit aus, bis sie hoffentlich bald wieder nach Hause können. Dieses Glück haben aber leider nicht alle. Einem älteren Mann brennt gerade die ganze Farm mitsamt Wohnhaus ab. Solche Geschichten gehen einem dann schon nahe. Die Stimmung war am Anfang noch etwas bedrückt, sie besserte sich aber als der Wirt den einen oder anderen Schnaps aufs Haus ausschenkte. Später fing jeder, der irgendein Instrument spielen konnte, an zu musizierten.
Es hat sich schnell herumgesprochen, dass ich ohne Auto auf der Durchreise bin. Justin kam auch mich zu und fragte mich, ob er mich morgen nach Chama fahren darf. Er habe morgen frei und möchte ein bisschen dem Rauch hier entkommen. Ausserdem sei es eine schöne Strecke. Es würde zwar auch ein Bus fahren, aber da man nie weiss ob der dann wirklich auch fährt und die Fahrt doppelt so lange dauern würde, werde ich das Angebot gerne annehmen.





Tag 40
Ich gönnte mir ein leckeres Frühstück und schaute etwas dem gemächlichen Treiben zu. Gegen Mittag traf ich Justin und wir machten uns in seinem alten Toyota auf die zweistündige Fahrt nach Chama auf.
Die Aussicht während der Fahrt war wirklich wunderschön. Aber die Luftqualität war miserabel. Zuerst blies einem dieser feine Staub aus der Auto-Lüftung direkt ins Gesicht. Mein Fahrer schien sich daran nicht zu stören, man gewöhnt sich wohl dran. Ich schaltete die Lüftung auf meiner Seite diskret etwas herunter. Es war aber so heiss, dass ich das Fenster öffnen musste, und da kam mir im Handumdrehen einen Mix aus Strassenstaub und Waldbrand-Rauch entgegen. Irgendwie schlug ich mich durch, aber mein Hals kratzte und ich hustete wie eine Kettenraucherin.
Nach zwei Stunden kamen wir in Chama an. Die Luft ist zum Glück einiges besser hier, denn die Waldbrände sind nun etwas weiter weg. Ich bedankte mich bei Justin, der noch weiter nach Colorado fährt, und machte mich auf die Post. Dort sollten eigentlich zwei Pakete auf mich warten: Ein Frässpäckli von meinem Schwesterherz und einen Eispickel. Leider sind beide Pakete nicht auffindbar. Na dann ziehe ich morgen wohl mal ohne Eispickel los…
Im alten, aber sehr gemütlichen Hotel traf ich endlich wieder einmal andere Wanderer: Joe Dirt und Tiger Duck. Wir machten eine kleine Sightseeing Tour durch das beschauliche Chama und gingen danach im Dorf-Pub etwas essen.





Sandra Steiger
Liebe Cornelia
Gespannt lese ich jeweils deine Reiseberichte und bin beeindruckt, was du in dieser kurzen Zeit schon alles erlebt und gesehen hast. Bei uns in der Schweiz hat der Frühsommer Einzug gehalten und beschert uns in diesen Tagen prächtiges Grill- und Glacé Wetter 🌞. Hier brennt höchstens mal die Wurst und nicht gleich ganze Wälder wie im fernen Amerika ….
Für dein nächstes Level im eisigen Gebirge wünsche ich dir weiterhin viele schöne Momente in der Natur, günstige Witterungsbedingungen und hoffentlich immer warme, trockene Füsse.
Happy hiking und liebi Grüess 🤗
Sandra
P.S. Damit du uns im Herbst nicht gleich wieder aus dem Büro auf den nächsten Wandertrip abhaust, sind wir am Überlegen, dir ein Laufband unter‘s Stehpult zu stellen. 😉
admin
Liebe Sandra
Schön, ist in der Schweiz der Sommer eingekehrt.😊 Geniesst es in vollen Zügen! Hier ist im Moment eher Winter angesagt.❄️
Das mit dem Laufband ist eine gute Idee, das werde ich dann vielleicht wirklich brauchen!😉
Ganz liebe Grüsse