Tag 21
Es ist erstaunlich, was Schlaf alles bewirken kann. Gestern bin ich als altes Wrack ins Bett gegangen und heute fit wie ein Turnschuh erwacht.
Nach Kaffee und Müsli putzte ich als Gegenleistung für meinen Aufenthalt ein bisschen das Haus. Da stand auf einmal ein alter Hippie vor mir. Ich erschrak zuerst ein wenig, doch als er sein fast z ahnloses Lächeln zeigte, fand ich ihn sympathisch. Er wohne für eine Zeit hier und schaue nach dem Rechten, erklärte er mir. Wir schwatzten ein wenig und kamen auf Musik zu sprechen. Spätestens dann war das Eis gebrochen. Er sei ein grosser Fan der Dire Straits, und Mark Knopfler sei sein absoluter Lieblingsgitarr ist. Als ich ihm erzählte, dass ich Mark Knopfler auch sehr mag, wurde sein Lächeln noch breiter. Ein wenig später spielte er mir den „Peppermint Swing“ auf seinem Keyboard vor. Wandergspändli Kingo gesellte sich mit Gitarre dazu und es folgte ein Wohnzimmerkonzert mit Songs von den Beatles, Eric Clapton, Rolling Stones, The Who & Co.
Ich habe mir noch einmal ein Fussbad gegönnt und am späteren Nachmittag packten wir unsere Sachen und wanderten bis zum Sonnenuntergang.
Da ich nicht gleich einschlafen konnte, zählte ich die Sternschnuppen. Bei der zehnten bin ich wohl weggedöst.






Tag 22
Für die nächsten paar Tage waren viele Strassen-Kilometer angesagt, was mir zuerst ein bisschen widerstrebte. Es stellte sich aber heraus, dass auch diese Art von Wandern durchaus seinen Reiz hat. Denn auf der Strasse war zwar nicht viel Verkehr, aber fast jedes Auto hielt an. Die Leute fragten uns, ob wir genug Essen hätten oder beschenkten uns mit eiskalten Getränken. Manche wollten uns Land verkaufen, andere sorgten sich um mich, wohl weil ich als Frau eher eine Minderheit der CDT-Thruhiker darstelle: „Aber du trägst schon eine Waffe bei dir, kleines?“, fragte mich eine ältere Frau. Als ich dies vereinte, meinte sie: „Oh dann kann nur noch Gott dir helfen!“ Na, dann hoffen wir mal, dass er das tut.



Tag 23
Heute fanden wir einen alternativen Wanderweg zur Strasse. Der Trail führte durch einen Canyon und ermöglichte den Ausblick auf die Lavafelder. Wow, was für eine Aussicht!






Tag 24
Um 4.00 war Tagwache. In der Dunkelheit waren am Horizont bereits ganz schwach die Lichter von Grants zu sehen. Bis die Sonne aufging, sah ich mehrere Sternschnuppen. Was für ein herrliches Gefühl, so in den Tag zu starten!
Nach ca. fünf Stunden kamen wir zu einer Tankstelle, welche sich perfekt als Zwischenstopp anbot. Ich war zuerst etwas erstaunt, als ich das Plakat am Eingang sah: No Mask no Service! Ich weiss nicht, wann ich hier zum letzten mal eine Maske trug. Jemand klärte mich dann auf: Wir befanden uns in einem Indianerreservat, und dort sind die Coronaregeln meist strenger. Zum Glück wurden Masken am Eingang verteilt, ich hätte nämlich keine dabei gehabt.
Nach weiteren zwei Stunden erreichten wir Grants. Die legendäre Route 66 führte einst direkt durch die staubige Kleinstadt. Dieser Umstand liess Motels und Burger-Restaurants wie aus dem Boden schiessen. Es scheint aber, als ob der Ort die besten Zeiten hinter sich hat: Viele Motels und Geschäfte sind seit Jahren geschlossen. Erst als es dunkel war, wurde mir bewusst, dass hier jedes zweite Haus aussieht wie ein Meth-Labor. Und dann sah ich diesen Flyer mit einem Foto einer Meth-Süchtigen, die auf keinen Fall das Hostel-Areal betreten darf… Kein Wunder also, dass Albuquerque, eine Autostunde von hier entfernt, Hauptdrehort der Serie Breaking Bad ist!
Nachdem ich mich im Hostel eingerichtet hatte, ging ich mit den anderen CDT-Hiker Pizza essen und liess den Tag gemütlich ausklingen.









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