Tag 120
Bevor wir Helena verliessen, gönnten wir uns noch einen Kaffee und ein ofenfrisches Schoggigipfeli. Wir fanden eine Bäckerei gleich um die Ecke, die in der Bäckerstube täglich frisches Brot und andere Leckereien herstellt. Eine echte Seltenheit in den USA.
Trailangel Terri hat uns dann wieder zum Trail gefahren. Ich fühlte mich nicht so gut, mir setzte wohl der Rauch, der von den Waldbränden seit ein paar Tagen in der Luft hängt, etwas zu. Meine Motivation war nicht im grossen Ausmass vorhanden, meine Beine brannten und meine Pumpe schlug irgendwie auch schneller als sonst. Auch mein Kopf war wohl woanders. Ich hatte mich zweimal verlaufen. Stoke, der jeweils etwas schneller unterwegs ist und mir meistens etwas voraus ist, hat jeweils geduldig gewartet. Zum Glück hatte er genügend Gras dabei und war dementsprechend tiefenentspannt. Haha.


Tag 121
Heute Morgen wurden wir von Regen überrascht. Wir blieben deshalb etwas länger in unseren Zelten. Als der Regen aufhörte, wartete eine frisch gewaschene Welt auf uns. Die Luftqualität war einiges besser als gestern und das Wandern fiel mir wieder leichter.



Tag 122
Wie fast immer in den letzten Tagen, trafen wir auch heute wieder Wanderer, die südwärts gehen. Einer von ihnen versicherte uns, dass der See, an dem wir später vorbeikämen, Wasser hätte. Da die Wasserquellen die nächsten 60 km sehr knapp waren, pokerten wir also auf diesen See und beschlossen, ihn zum Tagesziel zu machen.
Bis dorthin war es aber kein Spaziergang. Über 50 km und etwa 3’000 hm legten wir den ganzen Tag zurück. Ein grosser Vogel kreiste immer wieder über mir. Ich war mir ziemlich sicher, dass es ein Aasgeier war, der wohl nur darauf wartete, dass ich dahinraffte.
Ich überstand aber auch diesen Tag und als wir dann endlich an diesen See kamen, war da… eine Mondlandschaft. Und kein Tropfen Wasser. Na, vielen Dank für den wertvollen Tipp, lieber Wanderkollege!
Stoke und ich hatten beide noch etwa einen halben Liter Wasser. Das sollte zum Glück für die Nacht und die nächsten 10 km, wo laut Karte eine Quelle sein sollte, reichen.
Gerade als ich es mir in meinem Schlafgemach gemütlich gemacht hatte, hörte ich ganz in der Nähe ein seltsames Rascheln. Ich schaute aus dem Zelt und da starrte mich ein Reh an. Ich fühlte mich leicht gestalkt, war aber beruhigt, dass es kein Bär war und legte ich mich wieder hin. Das Reh wollte sich aber nicht verziehen, es fühlte sich sichtlich wohl bei uns. Die ganze Nacht hielt es uns auf Trab. Ein paar mal stolperte es über die Zeltschnüre und einmal flog es fast auf mein Zelt. Ich weiss echt nicht, was mit diesem Viech falsch lief!



Tag 123
Eigentlich sollte es heute ein wenig ein kürzerer Tag werden. Eigentlich.
Es war ein angenehmer Wandertag mit nur halb so vielen Höhenmeter wie gestern. Da wir die Bären von unserem Nachtlager fernhalten wollen, wandern wir jeweils noch ca. zwei Kilometer nach dem Nachtessen. Heute warteten auf der letzten Strecke vor dem Schlafengehen viele umgefallene Bäume, die den Wanderweg versperrten, auf uns. Und nicht nur das: Gerade als wir Ausschau hielten für einen geeigneten Campingplatz, sichteten wir einen Grizzly, der genüsslich im Bach, etwa 100 m von uns entfernt, badete. Statt unserer Wanderstöcke hatten wir fortan den Bärenspray kampfbereit in unseren Händen. Der Bär hat uns zwar offensichtlich gesehen, aber das Bad entspannte ihn wohl so sehr, dass wir ihm ziemlich egal waren. Ganz geheuer war es uns doch nicht, und so liefen wir noch fast eine Stunde, bis wir am Waldrand unsere Zelte aufstellten.



Tag 124
Der Bär hat uns in Ruhe gelassen. Aber so richtig tief geschlafen hatte ich nicht.
Bis zur Strasse, die nach Augusta führt, waren es nur etwa 10 km. So waren wir bereits um 09.30 Uhr beim Benchmark Trailhead. Wir warteten keine halbe Stunde, bis sich eine Mitfahrtgelegenheit ergab: Frank, der in Augusta wohnt, hat zwei Wanderer zurück zum Trail gefahren und nahm uns gleich wieder mit ins Dorf.
Frank zeigte uns das beschauliche Augusta und erzählte uns, dass er ein Häuschen hätte, welches er gerne Wanderer vermiete. Wir nahmen dieses Angebot an und nisteten uns in der gemütlichen Unterkunft ein.




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