Tag 87
Im Great Divide Basin sei es heiss, langweilig, das Wasser sei sehr knapp und jeden Nachmittag sei man den Gewittern schutzlos ausgesetzt, habe ich von anderen Leuten gehört. Die nächste Etappe war also nicht gerade viel versprechend.
Von unserer 4er-Gruppe, die in Winterpark gestartet ist, sind mittlerweile nur noch Stoke und ich übrig. Ein Wanderer gab auf und einer hat ein etwas langsameres Tempo eingeschlagen. So machte ich mich heute Morgen mit Stoke auf den Weg in die Wüste.
Das Great Divide Basin ist sehr flach, aber das langweilte mich heute (noch) nicht. Im Gegenteil: Nach all den Höhenmeter in Colorado genoss ich es sehr, einfach mal ein bisschen geradeaus zu laufen.
Am frühen Nachmittag kündigte sich dann bereits das erste Gewitter an. Es ist wirklich so, dass man hier dem Wetter schutzlos ausgesetzt ist. Wo will man auch Unterschlupf suchen, in der weiten Prärie… Also stoppten wir und setzten uns auf den Boden, als eine schwarze Front auf uns zukam und hofften, dass die Blitze, die rund um uns niedergingen, uns verschonten. Das taten sie zum Glück auch. Nach einer halben Stunde wanderten wir unversehrt weiter.
Da es stark geregnet hatte, hat sich der trockene Wüstenboden in eine Schlammbahn verwandelt. Schlammgallen isch e Schissdräck drgäge! Jedoch brannte die Sonne nach dem Regen wieder unbarmherzig und der Boden trocknete schnell.
Nach 43 km kamen wir zu einem Wasserloch. Die grüne Rasenfläche gleich nebenan bot sich gut zum Übernachten an. Also stellten wir unsere Zelte auf, bevor sich auch schon wieder das nächste Gewitter ankündigte.
Als die Sonne unterging, fingen die Kojoten an wie wild zu bellen. Auch die Kühe, die sich um unsere Zelte versammelten, wurden langsam nervös. Kurz darauf waren erste Blitze am Himmel zu sehen und das Wetterspektakel nahm Fahrt auf. Bis in die frühen Morgenstunden hinein blitze und donnerte es um uns herum wie wild. Einmal von Osten, einmal von Westen, aber zum Glück nie unmittelbar über uns. Geschlafen habe ich diese Nacht trotzdem nicht viel, denn die Blitze waren so hell, dass jeweils das ganze Zelt erleuchtete.







Tag 88
Nach dem heftigen Gewitter erwachte der Morgen handzahm. Keine einzelne Wolke war am Himmel zu sehen. Petrus konnte sich letzte Nacht wohl richtig austoben und so blieb der heutige Tag Gewitter-frei. Diese günstigen Wetterbedingungen nutzten wir voll aus und so wanderten wir bis am Abend 60 km.
Mir erging das Wandern relativ gut, ich schaltete einfach den Kopf aus, lief immer weiter und mein Körper machte mit. Stoke hingegen hatte am Abend leider mit Übelkeit und Erbrechen zu kämpfen.

Tag 89
Die lange Strecke von gestern spürte ich in den Beinen. Meine Motivation hielt sich in Grenzen. Auch Stokes Wanderlust ist dahin, er sprach sogar von Aufgeben.
Es war sehr heiss heute, und bereits um 17.00 war bei uns die Luft raus. Wir stoppten auf einer Wiese und bauten unsere Zelte auf. Ein besonderes Highlight hatte der Tag noch für uns bereit: Auf einmal galoppierten wilde Pferde an uns vorbei.



Tag 90
Heute wanderten wir den grössten Teil einer unbefestigten Strasse entlang. Wir kreuzten viele Velofahrer, welche den Continental Divide Trail fahren. Einige hielten an und gaben uns sogar frische Früchte und Gemüse. Ich schätzte diese nette Gesten sehr.
Meine Füsse schmerzten und ich war heilfroh, als wir am frühen Nachmittag Atlantic City erreichten. Dort steuerten gleich den Saloon an, wo wir uns einen Burger gönnten.
Die Nacht verbrachten wir, wie zwei andere CDT-Wandererinnen auch, in einem alten, kleinen Häuschen, in denen früher die Goldgräber nächtigten. Das B&B gehört einem Mann namens Bill Wild. Und der Bill ist wirklich ein wilder! Nebst einem B&B betreibt er auch noch einen Waffenshop. Und seine Frau ist noch viel wilder, sie trägt mit Stolz einen Revolver als alltägliches Accessories.





Tag 91
Nach dem ausgiebigen Frühstück fuhr uns ein Trail Angel in die grössere Ortschaft Lander. Da wir die nächsten paar Tage ins Grizzly-Land einwandern, mussten wir aufrüsten.
Einen Bärenspray konnte ich von einem Velofahrer erben, der den Continental Divide Trail südwärts fährt und das Grizzly-Land bereits hinter sich hat. So musste ich nur noch ein Seil besorgen, damit ich mein Essen über Nacht an einen Baum hängen kann. Das soll die Bären vom Nachtlager fernhalten, weil sie so das Essen nicht so gut riechen können, resp. nicht dazu kommen.
Weiter musste ich Essen für 7 Tage einkaufen. Mein Rucksack wird die nächsten paar Tage also etwas schwerer sein.
Im Stadtpark in Lander darf man offiziell zelten. Es hat auch Wasser, Toiletten und sogar Steckdosen hier. Der perfekte Ort also, um sich auszuruhen, bevor es wieder in die Wildnis geht.


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