Zu Fuss durch die USA

Tag 76-82: Halbzeit

Tag 76

Die Nacht in der gemütlichen Shadow Cliff Lodge in Grand Lake war sehr erholsam. Ich gönnte mir für einmal ein Einzelzimmer und genoss es sehr, nicht von schnarchenden Zimmergenossen geweckt zu werden.

Nach dem Frühstück machte ich mich mit Stoke und Dutch auf. Der heutige Weg führte teils durch den Rocky Mountain Nationalpark, später durch die Never Summer Wilderness. Letztere machte ihrem Namen alle Ehre: In diesem Gebiet hatte es sehr viel Schnee und es schien, als ob hier der Sommer niemals käme.

Tag 77

Heute wurde ich zum ersten Mal so richtig verregnet. Langsam fängt wohl die typische Gewittersaison an. Am Abend, kurz bevor wir unser Nachtlager aufstellen wollten, schüttete es plötzlich wie aus Kübeln. Natürlich hörte es auf, just nachdem ich das Zelt in aller Eile aufgestellt hatte.

Tag 78

Heute war Endspurt nach Steamboat Springs angesagt. Der Weg führte die letzten 35 km der Strasse entlang. Das war ok, denn die letzten Tage waren wild und von vielen Höhenmeter geprägt, da kam ein Roadwalk gelegen.

Nach dem Mittag fing es wieder an zu regnen. Der Spuk war aber schnell vorbei und dank des starken Windes trockneten Kleider, Rucksack und Schuhe inert Minuten. Nachdem sich die Sonne eine Weile gezeigt hatte, zogen jedoch wieder dunkle Wolken auf. Wir erreichten den Pass kurz vor dem nächsten Gewitter und vor dem ultimativen Wolkenbruch hielt auch gleich ein Auto, das uns nach Steamboat Springs brachte.

In der Zivilisation angekommen, standen wir vor einem Problem: Steamboat Springs ist ein seehr teures Pflaster. Das günstigste Hotel war für über 350 $ pro Nacht zu haben. Ich schrieb in der Verzweiflung einen Post in die CDT-Facebookgruppe mit der Bitte um einen Tipp für eine günstige Übernachtung. Ein Trail Angel antwortete fast postwendend: „Ihr könnt eure Zelte in unserem Garten aufstellen!“ Etwas später bot uns ein andere Wanderer an, für 50$ in seinem 350$-Hotelzimmer zu schlafen. Wir beschlossen, die erste Nacht im Hotelzimmer und die zweite im Garten des Trailangels zu verbringen.

Am Abend deckten wir uns im Walmart mit Essen und Bier ein und machten eine kleine Hikerparty im Hotelzimmer, denn zum Ausgehen waren wir erschöpft.

Tag 79

Heute Vormittag schafften wir es nach dem Einkaufen auf den letzten Drücker zur Post, welche nur bis 12.00 Uhr geöffnet hatte. Dort versendeten wir ein Proviantpaket nach Encampment, unser nächster Stopp mit beschränkter Einkaufsmöglichkeiten.

Am Nachmittag beschloss ich, zu den Hotsprings zu gehen. Es war zwar etwa 30 Grad draussen, aber meine Beine fühlten sich so schwer und verspannt an, dass ihnen warmes Wasser guttun würde. An Entspannung war an diesem Ort jedoch nicht zu denken. Gefühlt halb Colorado versammelte sich in und ausserhalb der Warmwasserbecken.

Den Abend verbrachte ich mit Stoke und Dutch typisch amerikanisch: Wir gingen zum Rodeo! Gestartet haben wir mit BBQ und Bier. Anschliessend schauten wir gespannt den wilden Cowboys zu, wie sie von noch wilderen Bullen durch die Luft geschleudert wurden.

Tag 80

Heute gönnte ich mir ein gutes Frühstück, dann machte ich mich mit Stoke auf den Trail. Dutch musste auf neue Schuhe warten und blieb deshalb noch einen Tag länger in der Stadt. Um wieder zum Trail zu kommen, streckten Stoke und ich unsere Daumen am Strassenrand aus. Es dauerte eine Weile, bis eine Frau mit ihrem Mini anhielt und uns zum Pass fuhr.

Der Weg heute war anstrengend, denn er war zu 80% schneebedeckt. Die Schneedecke war zwar nicht tief, aber es kostete Zeit und Kraft sie zu überwinden.

Langsam habe ich die Schnauze voll von Colorado und dem vielen Schnee. Wyoming winkt mir aber zum Glück ja schon fast zu.

Tag 81

Auch heute war wieder viel Schnee angesagt. Und wo kein Schnee lag, war meist Matsch.

Die Landschaft war aber wunderschön. Ich genoss noch die letzten paar Meilen in Colorados wilder Bergwelt.

Tag 82

Heute Nachmittag war es endlich so weit: Colorado liegt hinter mir! Hi Wyoming, nice to meet you!

Colorado war ein hartes Pflaster: Schneestürme, Eiseskälte, Gewitter und unzählige Höhenmeter machten das Wandern zu einer physischen und psychischen Herausforderung.

Die halbe Strecke (2’400 km) liegt jetzt hinter mir. Ein Trailangel sagte mir am Anfang meiner Wanderung: Wenn du Colorado schaffst, wirst du es auch bis nach Kanada schaffen. Ich hoffe sehr, dass sich das bewahrheitet. Ich bin guten Mutes, immer noch voller Motivation und fühle mich auch körperlich in guter Verfassung. Nun bin ich gespannt, was mich in Wyoming erwartet.

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Tag 71-75: Ungeplanter Pausentag

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Tag 83-86: Erste Tage in Wyoming

  1. Beni Novi

    Hallo Conny
    Ech gratuliere der ganz härzlech das du de haub Wäg gschafft hesch. Ech verfolge dis Tagebuech met vöu spannig. Ha emmer weder freud vo der z läse. Du machsch das soo guet. Be onändlech stolz of dech. Mach witer so. Wönschter of de zweite Hälfti vöu Chraft, Usdur, Gsondheit ond ganz vöu tolli Begägnige ond Erläbnis.
    Ech ha geschter met em Tobi telifoniert. Wenn s Wätter met macht lönd mer üs vo ehm am 16.oder 17.Juli dor d Loft lo gleite. Mer hends im Mario of de 30.Gebori gschänkt. Freue mech sehr druf.
    Liebs Grüessli, häb der sorg, Gotti

    • Hoi Gotti

      Danke viu mou!
      So guet, de hoffe mir doch das s Wätter passt. 🙂
      Viu Spass & liebi Grüess a aui

  2. Marie-Theres Christen

    Liebe Conny
    Herzlichste Gratulation zu deinen Leistungen Ich lese immer mit viel Freude deine Erlebnisse. Diese habe ich heute in Riga gelesen. Wir sind zu Viert eine Woche hier. Darf ich deinen Link an meine Kollegen weiterleiten ( er ist mit dem Velo hochgekommen)
    Weiterhin gutes Vorwärtskommen
    Sonnig heisse Grüsse
    Tante Marie-Theres

    • Liebe Marie-Theres

      Merci!
      Oh Riga ist eine tolle Stadt, nicht?
      Natürlich darfst du den Link weitergeben.
      Ich wünsche euch viel Vergnügen in Lettland.

      Liebe Grüsse

  3. Moni

    DU RAGETE!!! Scho dHelfti!! Wahnsinn!
    Enjoy Wyoming und lass es dir weiterhin so gut gehen. Wir drücken dir die Daumen und turnen fleissig um dir physisch Bitzeli beizustehen und Energie zu senden 😉

  4. Rita kamber

    Hallo Conny,
    Auch ich lese Deine Abenteuergeschichten mit Genuss. Super interessant. Ich wünsche Dir noch viele gute Erlebnisse und viel Ausdauer!
    Ich freue mich schon auf weitere Abenteuer!

    Deine Tante Rita

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